In den letzten Jahren hat es in mehrere europäischen Ländern einen deutlichen Rechtsruck in der Politik gegeben, der sich bei den Europawahlen im Juni 2024 bestätigt hat. Wir wollen zeigen, welche Konsequenzen eine mehrheitlich rechte Regierung haben kann und nutzen dafür Beispiele aus Polen, Ungarn und Italien.
Beispiel Polen
In Polen hatte die rechtskonservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) von 2015 bis 2023 die Regierung inne. Eine der bedeutende Maßnahme der PiS war die Reform des Justizwesens. Diese Reform hat die Unabhängigkeit der Justiz erheblich eingeschränkt, indem sie der Exekutive mehr Kontrolle über die Ernennung von Richter*innen und das Verfassungsgericht eingeräumt hat. Die Folge dessen war, dass es keine unabhängigen Gerichte mehr gab und der Teil der Bevölkerung, der nicht den Werten der PiS entsprach, mit noch gefährlicherer Repression rechnen musste.
Außerdem verstärkte die Regierung die Kontrolle über die öffentlichen Medien. Durch die Umstrukturierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die Besetzung wichtiger Positionen mit regierungsnahen Personen wurde die Unabhängigkeit der Medien beschnitten. Kritische Stimmen wurden klein gehalten, was zu einer Polarisierung der Medienlandschaft führt.
Zudem hat die PiS-Regierung hat das Abtreibungsrecht in Polen quasi abgeschafft. Im Jahr 2020 hat das polnische Verfassungsgericht ein Urteil gefällt, das Abtreibungen nahezu vollständig verbietet. Diese Entscheidung führte zu massiven Protesten und internationaler Kritik, da sie die Rechte von Frauen stark einschränkt und viele Frauen in illegale und unsichere Abtreibungen drängt.
Die PiS verfolgt eine stark nationalistische und konservative Agenda, die sich gegen die Rechte von LGBTQ+-Personen richtet. Durch die Einführung sogenannter „LGBT-freier Zonen“ in einigen Regionen des Landes erzeugte die Regierung eine Atmosphäre der Angst, Diskriminierung und Ausgrenzung. Eine psychische und psychische Bedrohung für queeren Menschen geht damit einher. Wir zitieren von der Seite des lsvd: „Mit dem Label „LSBTI-freie Zone“ rühmen sich mittlerweile fünf Regierungsbezirke, 37 Landkreise und 55 Gemeinden vor allem im südöstlichen Polen. Insgesamt sind das rund ein Drittel des Landes. Viele weitere Städte haben ebenfalls Erklärungen verabschiedet, die mit Verweis auf anangebliche „Familienwerte“ Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*- und intergeschlechtliche Menschen abwerten und eine zunehmend bedrohliche Stimmung anheizen. Diese von offiziellen Autoritäten und Politiker*innen ausgehenden Angriffe legitimieren Hass und alltägliche Gewaltattacken auf LSBTI. Diese Beschlüsse sind eine Einladung zum Pogrom.“
Beispiel Ungarn
Unter der Führung von Viktor Orbán und seiner Partei Fidesz gibt es seit 2010 einen deutlichen Schritt in Richtung Autoritarismus. Die Verfassung wurde geändert, um die Macht der Regierung zu sichern, und Wahlen wurden so gestaltet, dass sie Fidesz begünstigen. Diese Maßnahmen schwächten die demokratischen Institutionen und schränkten die politische Opposition stark ein. Die ungarische Regierung hat nun fast die vollständige Kontrolle über die Medien inne. Unabhängige Medienhäuser wurden entweder geschlossen oder aufgekauft und in regierungsfreundliche Medien umgewandelt.
In Ungarn propagiert die Regierung unter Viktor Orbán eine konservative Familienpolitik, die konservative Geschlechterrollen festigt. Während die Regierung finanzielle Anreize für Familien einführt, um die Geburtenrate zu erhöhen, werden gleichzeitig feministische und LGBTQ+-Bewegungen diskrimminiert und marginalisiert. Berichte von Amnesty International und Human Rigths Watch haben mehrfach Menschenrechtsverletzungen in Ungarn festegestellt. Insbesondere der fehlende Schutz für LGBTQ+ und eine Überbetonung der Nation im Verhältnis zum Individuum wurden bemängelt.
Orbáns Regierung verfolgt eine aggressive Anti-Migrationspolitik, in der Migrant*innen als Bedrohung dargestellt werden. Bereits seit 2015 wird vor einer angebelichen Gefahr vor „Überfremdung“ und dem Verlust der eigenen Kultur gewarnt. Diese Rhetorik führt zu einer Atmosphäre der Intoleranz und fördert Rassimus. Damit steigt die Diskrimminierung von Menschen die laut der Fidesz nicht zu Ungarn gehören, insbesondere gegen Sinti und Roma und jüdische Gemeinschaften.
Beispiel Italien
In Italien hat die rechte Partei Lega unter der Führung von Matteo Salvini erheblichen Einfluss gewonnen und seit September 2022 regiert die rechts-nationalistische Fratelli d’Italia unter der Führung von Giorgia Melon.
Schon seit 2019 fährt Italien eine strikte Anti-Migrationspolitik, die auf die Schließung von Häfen für Rettungsschiffe und die Kriminalisierung von NGOs, die Geflüchtete retten, abzielt. So nimmt Italien als Ankunfts- und Transitland beispielsweise weniger Geflüchtet auf, als Deutschland. Diese Politik führte zu humanitären Krisen und brachte Italien in Konflikte mit internationalen Menschenrechtsorganisationen.
Frauenrechtsgruppen äußern sich besorgt, um das Recht auf Abtreibung, weil sich Meloni dagegen aussprach. An diser Stelle möchten wir die Heinrich Böll Stiftung zitieren:
„Während des Wahlkampfs berief sich Meloni auch auf den alten Slogan aus der Zeit des Faschismus „Gott, Vaterland und Familie“, um anzugreifen, was sie als „LGBT-Lobby“ bezeichnet. Meloni ist nicht nur gegen die gleichgeschlechtliche Ehe und die Adoption durch homosexuelle Paare, sondern forderte auch ein Verbot der „Sexualerziehung“ in Schulprogrammen und einen Ausschluss von LGBT-Familien aus Zeichentrickfilmen für Kinder. Im Jahr 2021 widersprachen die Fratelli d‘Italia Vorschlägen des Parlaments, bestehende Gesetze gegen Hassverbrechen auf Vorurteile aufgrund von Geschlecht, sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität auszuweiten.“
Auch die Lega-Partei verfolgt eine konservative Familienpolitik, die traditionelle Geschlechterrollen betont, feministische Bewegungen kritisiert und die Rechte von LGBTQ+-Personen und untergräbt und beschneidet.
Alle drei Beispiele zeigen, dass rechte Regierungen weder besonders einzigartige, noch menschenwürdige Ideen hervorbringen. Sie schränken vor allem die Rechte derer ein, die ohnehin schon unter Diskriminierung und schwierigen Bedingungen leiden. Sie handeln nach dem Motto: immer auf die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft. Solchen Regierungen können wir getrost absprechen, dass sie eine soziale Politik betreiben. Wir sollten uns gut überlegen, ob wir in einer Welt leben möchten, in der jegliche Abweichung von der gewünschten Gruppe gleich bestraft und im schlimmsten Fall sogar mit dem Leben bezahlt werden müssen.
Rechte Politik führt überall zu Hass und gefährlicher Hetze, die sich nicht selten in Form von Gewalt gegen verschiedene Menschengruppen und Werte des solidarischen Miteinanders richtet. Anhand der Beispiele lässt sich nachvollziehen, dass sich rechte Politik auf fast alle Menschen negativ auswirkt. Wir müssen uns zusammenschließen und gemeinsam gegen rechte Poltik ankämpfen.
Quellen und weiterlesen:
https://www.amnesty.de/ungarn-menschenrechte-in-gefahr
https://fr.boell.org/de/2023/10/20/un-de-gouvernement-meloni-un-bilan